Ein Kind des Mauerbaus – Der Kirchenkreis Teltow

In diesem Jahr wurde vielfach daran erinnert, wie vor 60 Jahren die von der DDR errichtete Mauer Deutschland und auch Berlin in zwei Teile trennte. Die Teltower haben dies, wie auch andere in der Nähe der „Staatsgrenze“ lebende DDR-Bürger, schmerzlich erfahren: Was bis zum 13. August 1961 noch möglich war, Verwandte und Freunde zu besuchen, zu den Arbeitsplätzen in Berlin (West) zu gelangen oder nach Zehlendorf oder Steglitz einkaufen zu fahren, war plötzlich nicht mehr möglich. Am Teltowkanal oder am Ende der Philip-Müller-Allee (heute Lichterfelder Allee) „war die Welt zu Ende“.

Auch die Kirche war von der abrupten Trennung betroffen. Teltow und seine Nachbargemeinden gehörten zum erst 1948 errichteten Kirchenkreis Zehlendorf, dessen Sitz und Verwaltung im amerikanischen Sektor (West-) Berlins lagen und nun für die auf DDR-Gebiet liegenden Gemeinden unerreichbar waren.

Die gesamte Evangelische Kirche in Berlin Brandenburg war gezwungen, sich neu aufzustellen. Unter Wahrung der Einheit wurden zwei Regionen geschaffen:  Berlin (West) zum einen sowie Berlin (Ost) mit Brandenburg zum anderen. Diese Regelung sollte gelten bis einmal wieder das Kirchenparlament, die Synode, wieder gemeinsam tagen könnte.

Ein neuer Kirchenkreis

Für die nun vom Zehlendorfer (Mutter)-kirchenkreis getrennten Teltower Gemeinden bedeutete dies, eine neue Organisations- und Verwaltungsstruktur zu finden.

Als unmittelbare Notlösung verfügte die Kirchenleitung bereits am 21. August 1961, dass die Gemeinden und Pfarrsprengel im Teltower Bereich dem Kirchenkreis Zossen zugeordnet wurden. Hier war man über den Zuwachs von 10 Gemeinden und Pfarrsprengeln allerdings nicht recht froh. Schon bald drängte der Zossener Superintendent Schröder daher auf die Neubildung eines eigenen Kirchenkreises Teltow und bewegte die Teltower Gemeindekirchenräte zu entsprechenden Beschlüssen.

Hiergegen erhob der Kirchenkreis Zehlendorf jedoch Einspruch da befürchtet wurde, dass mit der Neubildung eine unumkehrbare Entscheidung  geschaffen werde, die einer möglichen Wiedervereinigung im Wege stände. Daher musste das oberste Kirchenparlament, die Provinzialsynode, im März 1962 hierzu eine Entscheidung treffen. Sie fiel zugunsten einer Neubildung aus, „da jede Verbindung mit Dienststellen in Westberlin belastend ist“, wie Generalsuperintendent Braun aus Potsdam später bei einem Pfarrkonvent in Teltow ausführte. Dem Argument Zehlendorfs, dass eine solche Entscheidung unumkehrbar sei wäre entgegenzuhalten, dass „der Vorbehalt einer Rückführung bei einer Wiedervereinigung des Gebietes offen bleibe“.

Somit lautete der Beschluss zum 1. Januar 1963 einen neuen Kirchenkreis mit der Bezeichnung „Kirchenkreis Teltow“ zu errichten und diesen dem Sprengel der Generalsuperintendentur Berlin Stadt II zuzuordnen. Dem neuen Kirchenkreis gehörten bei seiner Gründung die Gemeinden Blankenfelde, Jühnsdorf, Diedersdorf, Kleinbeeren, Gröben, Groß-Beuthen, Großbeeren, Heinersdorf, Kleinmachnow, Machnow, Glasow, Rangsdorf, Siethen, Stahnsdorf, Teltow (mit Ruhlsdorf) und die Anstaltsgemeinde des Diakonissenhauses Teltow an[1]. Als erster Superintendent des neuen Kirchenkreises wurde Pfarrer Gerhard Puttkamer, der bereits in der Interimszeit  den Zehlendorfer Superintendenten „im Ephoralamt“ vertreten hatte, im November 1962 durch Generalsuperintendent Braun (Potsdam) in sein Amt eingeführt.

Die erste Kreissynode des Kirchenkreises Teltow tagte am 27. Januar 1963 im Diakonissenhaus Teltow, auf der die Ältesten Dr. Brendel Stahnsdorf, Herbert Volker, Ruhlsdorf und Dr. Roghé aus Kleinmachnow in den Kreiskirchenrat gewählt wurden.

Zum Sitz des Superintendenten und der Verwaltung wurde das Pfarrhaus der Kirchengemeinde Teltow in der Ritterstraße 11 bestimmt, in dem nun eine drangvolle Enge herrschte: Ingeburg Kähler, die Ehefrau des Superintendenten Reinhard Kähler, beschreibt es in ihren Erinnerungen: „Rechts vom ersten Flur ging die Rendantur ab, links Kirchenbüro und Kirchensteueramt. Es gab keine abschließbare Zwischentür, also ging es gleich weiter in unseren Privatflur, durch den die Besucher zu den hinten liegenden Gemeindetoiletten gehen mussten. Verbunden waren die offiziellen und privaten Räume durch Blumensträuße, die ich – täglich neu –aus unserem Garten erntete und überall drapierte“[2].

Neben der Verwaltung mussten nach der Gründung des Kirchenkreises Teltow auch sämtliche Arbeitsbereiche eines Kirchenkreises, Katechetik, Kirchenmusik, Frauen- und Jugendarbeit, neu aufgestellt und personell besetzt werden. Gehälter der Pfarrer und Angestellten, die bis 1961 teilweise noch  in DM West und Mark der DDR ausgezahlt wurden, mussten dem DDR-Niveau angepasst werden.

Kontakte „in den Westen“

Trotz Trennung von den Zehlendorfer Gemeinden in Berlin (West) riss der Kontakt dorthin nicht ab. Durch Paten- und Partnerschaften blieben die Gemeinden diesseits und jenseits des Teltowkanals über die Grenze hinweg miteinander verbunden. Für die die KirchengemeindeTeltower war der Zehlendorfer Partner die Kirchengemeinde Zur Heimat. Neben den geschätzten West-Paketen waren auch - nach leichten Lockerungen der Reisebestimmungen in der DDR - mit entsprechenden Visa und Passierscheinen - persönliche Begegnungen möglich. So, wie es viele Menschen damals erlebt hatten, beschrieb es der Vorsitzende des Diedersdorfer Gemeindekirchenrats Willi Krüger: „Das Praktizieren von partnerschaftlichen Beziehungen erforderte fast 20 Jahre lang großes persönliches Engagement, Unerschrockenheit und Gottvertrauen sowie Geduld und Gelassenheit bei unangenehmen persönlichen Grenzkontrollen. Dabei waren Diskriminierung und Schikanierung, auch Sicherstellen des persönlichen Eigentums, z.B. von Musikinstrumenten, am Grenzübergang Dreilinden keine Seltenheit[3].“

Neben den Verbindungen mit Zehlendorf unterhielten Teltower Gemeinden auch Verbindungen zu Gemeinden in der Badischen Landeskirche, die zum Teil heute noch weiter bestehen. Verschiedene Bauprojekte im Kirchenkreis Teltow wurden von den westlichen Partnergemeinden unterstützt. So halfen beispielsweise die Gemeinden Berlin-Schlachtensee und Eckartsweier (Baden-Württemberg) der Kirchengemeinde Diedersdorf „finanziell, materiell und geistlich“ bei der umfangreichen Restaurierung ihrer Dorfkirche in den Jahren 1976 – 1980[4].

Fortsetzung folgt!

Thomas Karzek



[1] Kirchliches Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Berlin Brandenburg  Jahrgang 1963 S. 10

[2] Ingeburg Kähler. Frei – In zwei Diktaturen. rainStein Verlag Berlin 2008 S. 305

[3] Gisela Krehnke: Pfingstkonzert in Diedersdorf. In: Nachrichten Evangelische Kirchengemeinde Schlachtensee Nr. 692 Juni 2017 S. 7

[4] Theo Engeser und Konstanze Stehr: Mittelalterliche Dorfkirchen im Teltow (Brandenburg) Weblink: http://userpage.fu-berlin.de/engeser/teltow/diedersdorf/diedersdorf_aeltere_beschreibungen.htm  Abgerufen am 3. September 2021

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